Dienstag, 27. Oktober 2009

Konzert von Sunn O))) (s.u.) - Metalltheater

Sunn O))) werden wohl [san] gesprochen. Das "O)))" soll angeblich die Sonne symbolisieren. Von der dürften Sunn O))) allerdings nur selten was sehen. Allein schon wegen des vielen Kunstnebels. Zuerst die verhältnismässig konventionelle, wirklich gute Vorband. Zu zweit haben  "Eagle Twin" (Wortspiel Wortspiel) ihre dichten Songs fest im Griff. Klassisches Metal-Kompositionen auf zwei Instrumente eingedampft. Sunn O))) inszenieren sich dagegen sehr viel mystischer. Zunächst minutenlanges Einschwingen zu Mönchsgesang. Dann kam die Band auf die Bühne. Bis dahin hatte das Berliner Publikum im Berghain lieber noch a bissl miteinander gequatscht. Ging nun nicht mehr, die Musik war ruhig, dabei aber laut und gewaltig.

Das Transzendentale der Musik von Sunn O))) ist ausgeklügelt aber letztlich auch plump. Meditation mit Bierchen in der Hand im angesagtesten Club der Stadt? Hm. Metal, Noise und Hardcore suchen seit jeher die wahre Echtheit, doch wie passt das mit Avantgarde-Allüren von Bands wie Sunn O))) zusammen? Gastsänger und Tour-Frontmann Attila Csihar zeigte sich während des Konzertes nur maskiert, mumienhaft erst, später als Metallplattenmann mit Laserpointern in den Fingern und Stahlspitzenkrone. Mit ihrem Namen wie auf der Bühne: Zeichentheoretisch betrachtet verlangen Sunn O))) vom Hörer und Zuschauer, sich ähnlich eines Kinoerlebnisses in die kreierte Situation hineinzuversetzen, als wäre sie vollständig wahr. Die symbolische Distanz eines Theaterstückes fehlt, es wird versucht eine Welt zu simulieren,  sie für den Moment wirklich werden zu lassen. Kino. Wer wie ich nicht voll drin ist, in der Ästhetik von Sunn O))), der wird daher Längen erlebt haben, Momente der Langeweile. Jens Balzer oder wer auch immer anschliessend auflegte kann auch nicht ganz drin gewesen sein im Sunn O))) Kino. Sonst hätte er den frisch durchgespülten Gehörgängen wohl kaum Anthony and The Johnsons und Disco zugemutet.

Trotzdem kein schlechtes Konzert, auch nicht für uns Laien. Konsequente Klanggewitter mit langen Spannungsbögen waren es. Was man klangextremistisch alles aus dem einzelnen Anschlag einer Gitarrensaite rausholen kann! Insgesamt war das Ganze schon faszinierend, auch, weil Attila Csihar (ehemals Mayhem) zu denen gehört, die die Kunst des Oberton-Gesanges beherrschen. Beim Obertongesang, für den das Volk der Tuva aus der Mongolei berühmt ist (Throat-Singing), werden mit dem selben Kehlkopf gleichzeitig zwei Töne produziert. Ein sehr tiefer Brummiger. Und ein lauter hoher, höher als der einer kleinen (Piccolo-)Flöte. Der hohe Tön entsteht als Oberton, als verstärkter Teil des tiefen Tons. Mehr dazu später. Klingt jedenfalls beeindruckend. Und passt ausgezeichnet in die martialische Welt des Metal, des Doom-Drone etc.

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